„Klimaschutz durch sozial-ökologischen Umbau und Wandel“

Diskussionsangebot der Kreistagsfraktion der LINKEN im Havelland für ein Konzept zum Klimaschutz im Landkreis Havelland

Der Klimawandel und der dadurch notwendig gewordene Klimaschutz sind, neben der Sicherung individueller Freiheit und der Selbstentfaltung der Persönlichkeit auf Grundlage sozialer Gleichheit bei der Teilhabe aller am gesellschaftlichen Leben, die größten Herausforderungen für eine zukunftsfähige Politik. Die Fraktion DIE LINKE. im Kreistag Havelland bekennt sich zu diesen Herausforderungen und will mit eigenen Konzepten, Vorschlägen und politischen Projekten dazu beitragen, dass auch künftige Generationen eine lebenswerte Umwelt und artenreiche Natur, saubere Luft und ebensolches Wasser in ausreichender Menge, hoher Qualität und für alle zugänglich, aber auch Rohstoffe und Energie zur Sicherung von umweltschonender und nachhaltiger Wertschöpfung vorfinden können.

Nach Auffassung der LINKEN ist diese Herausforderung nur durch einen konsequenten sozialökologischen und ökonomischen Umbau der Gesellschaft und eine entsprechende Änderung der bisherigen Politik zu erreichen. Dies erfordert kleine Schritte ebenso wie grundsätzlich neue Weichenstellungen. Allen Politikbereichen kommt dabei Verantwortung zu.
Mit den folgenden Vorschlägen bzw. Maßnahmen sollte der Klimaschutz im Landkreis gesteuert werden:
1. Raumordnung
a) Weitgehende Vermeidung weiterer Flächenversiegelung;
b) Wenn doch neue Flächenversiegelungen unvermeidbar sein sollten, dann Kopplung an Maßnahmen zum Ausgleich der CO2- und Energiebilanz (z.B. Genehmigung neuer Supermarkt-Ansiedlungen bzw. -Neuinvestitionen nur dann, wenn auf deren Dach auch eine Solaranlage errichtet oder eine andere Möglichkeit zur regenerativen Energiegewinnung genutzt wird).
2. Ansiedlungs- und Förderpolitik; kreiseigene Unternehmen
a) Nachhaltigkeit und Mindestlohn als Ausschreibungskriterien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge;
b) Erarbeitung von Klimaschutz-Konzepten in den kreiseigenen Unternehmen bzw. den Unternehmen mit Kreisbeteiligung, Ziel: Energie-, Ressourcen- und Kosteneinsparung, schonender Umgang mit Natur, Umwelt und natürlichen Ressourcen; dadurch Erhöhung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen;
c) Initiierung von Kooperationen regional tätiger Firmen im Bereich der regenerativen Energien, der Kreisverwaltung und den Städten und Gemeinden mit dem Ziel des Aufbaus eines Kompetenzfeldes „Regenerative Energien“.
3. Energiepolitik
Energieeinsparung/Energieeffizienz:
a) Energiepasserstellung für alle kreiseigenen und nach Möglichkeit auch alle kreisangehörigen Liegenschaften in öffentlicher Hand  und nachfolgend Auflage eines überörtlichen kreislichen Investitionsprogramms, gemeinsam mit den kreisangehörigen Städten und Gemeinden, zur Umsetzung der Untersuchungsergebnisse bzw. Nutzung möglichst aller Fördermöglichkeiten zur energetischen Ertüchtigung der Liegenschaften;
b) Energieeffizientes Sanieren und Bauen als Grundsatz kreislicher (und möglichst auch gemeindlicher) Bauinvestitionstätigkeit, Folgeabschätzung hinsichtlich der Betriebskosten und der Klimabilanz;
c) möglichst alle Schulen entwickeln Konzepte zur Energieeinsparung, an deren Erstellung und Umsetzung die Schülerinnen und Schüler aktiv mitarbeiten;
d) Etablierung einer mobilen unabhängigen Energieberatung;
e) Unterstützung von Energieeinspar-Bemühungen von Menschen mit geringem Einkommen -> Anreizsysteme schaffen, z.B. durch positive Anrechnung von Energieeinspar-Aktivitäten auf die erstattungsfähigen Kosten der Unterkunft;
f) Dezentralisierung der Energiebereitstellung unter Ausnutzung sämtlicher Energiequellen; bei Energiegewinnungsanlagen, bei denen Kraftwärmekopplung möglich ist, auf deren Einsatz bestehen.
Vorrang für Erneuerbare Energien – gesteuert, ohne Wildwuchs und mit den Menschen
a) Ermittlung aller Dachkapazitäten, die für die Erzeugung von Solarenergie infrage kommen könnten, und Erarbeitung eines Konzepts zur schrittweisen Erschließung dieser Kapazitäten;
b) 1000-Dächer-Programm für das Havelland in Koordination des Landkreises und in Kooperation mit Finanzierungsgebern, regionalen Anbietern, Städten und Gemeinden, aktive Öffentlichkeitsarbeit hierfür (Angebot von Gesamtpaketen ggf. auch mit finanziellen Anreizen/Förderung) auch in Verbindung mit der Solardachbörse des Kreises;
c) Neue Solaranlagen nur auf Dächern, bereits versiegelten Flächen und auf Flächen ohne weiteren anderen Nutzwert;
d) Nutzung aller Möglichkeiten zum Ersatz alter vorhandener Windenergieanlagen durch neuere mit verbessertem Wirkungsgrad; keine Ausweisung neuer Windeignungsgebiete in der unmittelbaren Nähe von Wohngebieten, in Naturschutzgebieten und in Wäldern;
e) Aufforderung an Städte und Gemeinden zur Erstellung von Konzepten zur Förderung und Einrichtung von Photovoltaik- und Windenergieanlagen;
f) Genehmigung von Biogasanlagen nur noch bei Sicherung örtlicher/regionaler Energie- und Wärmeversorgung und auf der Basis regional/örtlich vorhandener landwirtschaftlicher Abfallstoffe oder Rohstoffen von für Nahrungsmittellandwirtschaft ungeeigneten Flächen und der Fixierung des Einzugsbereichs; Vernetzung mit Kraft-Wärme-Kopplung oder einer Einspeisung in das Gasnetz; keine Neu-Genehmigung bei negativer CO2-Bilanz, z.B. durch Transporte über 20 km, oder Verarbeitung von Rohstoffen aus der Nahrungsmittellandwirtschaft.
Erarbeitung Regionaler Energiekonzepte und Rekommunalisierung
a) Beteiligung an der Erarbeitung eines Regionalen Energiekonzepts im Rahmen der Kommunalen Planungsgemeinschaft -> Nutzung von Fördermitteln des Landes dazu;
b) Prüfung, welche Nachhaltigkeits-Effekte eine Rekommunalisierung der Energieversorgung und der Netze im Landkreis bringen könnte; ggf. langfristig angelegte Initiative des Landkreises für Rekommunalisierung der Strom- und Gasnetze in Zusammenarbeit mit den Gemeinden und Städten;
c) Prüfung der Potentiale für virtuelle Kraftwerke bzw. eine Vernetzung von Energieerzeugern im Landkreis.
4. Verkehrspolitik
a) Zurückdrängen des Individualverkehrs;
b) Vorrang für ÖPNV; Prüfung anderer alternativer Finanzierungsmodelle bspw. eine allgemeine, sozial gestaffelte ÖPNV-Abgabe für jeden Kreiseinwohner bei kostenloser Nutzungsmöglichkeit der Angebote des ÖPNV;
c) Zielgruppengenauere Angebote eines bezahlbaren ÖPNV;
d) Anreizsysteme zur stärkeren Nutzung des ÖPNV; Vertaktung von Arbeits- und Gremienzeiten mit den Angeboten des ÖPNV; Angebote von Ruf- und Linientaxis zu Zeiten geringer Auslastung;
e) weitere Bemühungen um eine stärkere Verzahnung von Verkehrsangeboten und Schulanfangs- und -endzeiten;
f) stärkere Kooperation mit den ÖPNV-Partnern zur Senkung des Kraftstoff- und Energieverbrauchs, z.B. im Zusammenhang mit der ständigen Modernisierung des Fuhrparks;
g) Verbesserung von innerörtlichen Radwegen; Ausbau des Radwegenetzes im Zusammenhang mit der Nutzung des Rades als Verkehrsmittel zur und von der Schule und Arbeitsstelle;
5. Landwirtschaft und Landbewirtschaftung
Die Landwirtschaft ist in besonderem Maße vom Klima abhängig und beeinflusst es. Mit Veränderungen der Landbewirtschaftung trägt sie zur Minderung der Auswirkungen der Klimaveränderungen bei. Handlungsschwerpunkte auf Kreisebene sind alle Maßnahmen zum sparsamen Umgang mit den Wasserressourcen und dem Hochwasserschutz:
a) funktionsfähige zweiseitige Wasserregulierung mit verbessertem Wasserrückhalt in der Fläche;
b) Erhalt und Erweiterung der Windschutzstreifen für den Erosionsschutz und die Verbesserung des Wasserhaushaltes im Boden;
c) Umstellung der Landnutzungsverfahren zur Schonung des Humusgehaltes im Boden für den besseren Wasserhaushalt, die CO2-Bindung und Bodenfruchtbarkeit, Hinwirken auf regelmäßige Beobachtung des Humusgehalts im Boden;
d) Nitratgehalt im Grundwasser durch fachgerechte Düngung, d.h. im Einklang mit dem Wachstum der Pflanzen, reduzieren;
e) Programm zur Ökologisierung der Landwirtschaft und Ausbau des ökologischen Landbaus;
f) GenTech-freier Landkreis;
g) Fachgerechte Bewirtschaftung der Feuchtgebiete;
h) Verhinderung des Baus weiterer bzw. der Erweiterung bestehender Großmastanlagen;
i) Nachhaltige Waldbewirtschaftung.
6. Umweltpolitik und Naturschutz
a) Biodiversität: Dies umfasst die Vielfalt innerhalb der Arten und zwischen den Arten und die Vielfalt der Ökosysteme sowie Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der Ökosysteme nicht nur in Schutzgebieten sondern auf der
ganzen Fläche des Landkreises;
b) Renaturierung nicht nur der Unteren Havel, sondern weitere Flüsse und insbesondere Kleingewässer im Einklang mit der Landbewirtschaftung und unter Beachtung des Binnenhochwasserschutzes.
7. Bildungspolitik
a) Förderung von Projekten und Maßnahmen zur Umweltbildung und -erziehung, gekoppelt mit Projekten zur Energieeinsparung bzw. -erzeugung sowie zur Müllvermeidung und Mülltrennung in den Schulen, in denen vor allem die Schülerinnen und Schüler aktiv (eingebunden) sind;
b) Organisation des fachlichen Austauschs der Schulen untereinander über ihre Projekte und deren Auswirkungen auf das Klima- und Umweltbewusstsein ihrer Schülerinnen und Schüler;
c) Organisation von Fortbildungsangeboten für Lehrkräfte zur Initiierung von Klimaschutz-Projekten an den (eigenen) Schulen;
d) Auslobung eines Wettbewerbs um das beste Schul-Klimaschutzprojekt im Landkreis.
8. Abfallwirtschaft
a) Geeignete Maßnahme zur Sammlung von Wertstoffen, die vom System des Grünen Punkts nicht erfasst werden.