Rede zum Antrag „Demokratische Teilhabe im Zusammenspiel von Verwaltung und Bürgerinnen und Bürgern vereinfachen“

Die Koalitionsfraktionen haben einen Antrag „Demokratische Teilhabe im Zusammenspiel von Verwaltung und Bürgerinnen und Bürgern vereinfachen“ vorgelegt. Dieser wurde vom Plenum beschlossen.

Meine Rede dazu kann man beim rbb anschauen.

Außerdem ist hier die vorläufige stenografische Niederschrift meiner Rede dokumentiert:

„Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Demokratische Teilhabe im Zusammenspiel von Verwaltung und Bürgerinnen und Bürgern vereinfachen“ – als ich
den Antrag zum ersten Mal sah, dachte ich: Wow! – Beim Lesen des Antrags stellte ich dann fest: Hm, ganz schön viel Antrag für ziemlich wenig Inhalt!

Im Kern geht es um zwei Punkte, nämlich die rechtliche Prüfung der Zulässigkeit von Bürgerbegehren bereits zu Beginn der Unterschriftensammlung und parallel zur Kostenschätzung stattfinden zu lassen. Das soll Politikfrust vermeiden und ist insofern sicherlich auch zu begrüßen. Allerdings will ich zumindest darauf hinweisen, dass die in § 110 Abs. 1 und 2 der Kommunalverfassung geregelte unverzügliche Prüfung dann auch tatsächlich unverzüglich stattfinden muss. Wenn das MIK wie beim Bürgerbegehren zum Ernst von Bergmann Klinikum aber mehr als drei Monate dafür braucht, wird das Gegenteil von dem erreicht, was eigentlich erreicht werden soll.

Denn gerade am Anfang solcher Bürgerbegehren ist die Mobilisierungskraft am größten. Es kann die Sammlung von Unterschriften behindern, wenn mehrere Monate lang die mögliche Unwirksamkeit über dem Bürgerbegehren schwebt. Deshalb mein Appell: Wenn eine unverzügliche Entscheidung vorgesehen ist, muss sie auch unverzüglich erfolgen! Ansonsten wird das Ziel, Politikfrust zu vermeiden, mit Sicherheit nicht erreicht.

Außerdem ist es notwendig, die Initiatoren von Bürgerbegehren vernünftig zu beraten – das ist in der Begründung des Antrags auch angeführt. Da sind wir auf die Umsetzung im Gesetzentwurf gespannt.

Wir Linke begrüßen natürlich immer die Verbesserung direktdemokratischer Regelungen. Aber dieser Antrag, meine Damen und Herren von der Koalition, ist
wirklich kein großer Wurf. Wenn man wie ich den Koalitionsvertrag intensiv studiert hat, stellt man fest, dass zumindest dieser Punkt, über den ich gerade schon sprach, dort bereits verankert ist. Daher frage ich mich schon, ob Sie so wenig Vertrauen in Ihre eigene Regierung haben, dass es noch eines solchen Antrags bedarf. Und dann legen Sie zu diesem Punkt, der am Ende in einen Gesetzentwurf von ungefähr einem Satz münden müsste, keinen Gesetzentwurf, sondern einen Antrag mit einer Aufforderung an die Regierung vor – meine Damen und Herren von der Koalition, ich bitte Sie, beim nächsten Mal darüber nachzudenken, ob man den einen Satz nicht selbst in einen Gesetzentwurf gießen kann.

So entsteht nämlich der Eindruck, dass Sie uns eine Kleinigkeit – Entschuldigung, das ist es – dreimal verkaufen wollen: im Koalitionsvertrag, mit diesem Antrag und am Ende mit dem Gesetz.

Eingangs hatte ich gesagt: sehr wenig Inhalt für sehr viel Antrag. Das ist Ihnen dann anscheinend auch aufgefallen; deshalb haben Sie einen Prüfauftrag hinzugefügt. Ich sage es immer wieder gerne: Sie sind die Koalition der Prüfaufträge. Wir nehmen zur Kenntnis, dass zu den 55 Prüfaufträgen aus dem Koalitionsvertrag jetzt noch der 56. hinzukommt. Meine Damen und Herren von der Koalition, ich kann nur sagen: Eine Politik der Prüfaufträge wird auf Dauer nicht ausreichen. Wenn Sie es mit einer Verbesserung der direktdemokratischen Elemente ernst meinen, dürfen Sie nicht bei der Online-Eintragung stehen bleiben, sondern dann müssen wir über Quoren sprechen, über die Ausweitung von Eintragsmöglichkeiten für Volksbegehren – Stichwort Straßensammlungen -, und dann müssen wir auch über die Ausweitung der Gegenstände sprechen.

Liebe Grünenfraktion, ich weiß ja, dass es mit der SPD nicht so ganz einfach ist – wir haben das ein paar Jahre miterlebt. Dennoch können Sie sicher sein, dass wir Sie bei der Ausweitung direktdemokratischer Elemente selbstverständlich unterstützen. Insofern sind wir sehr gespannt auf den dann vorzulegenden Gesetzentwurf. Leider haben Sie auf eine Frist verzichtet – schade, ich hoffe, dass es sehr schnell stattfindet.

Wir werden dem Antrag zustimmen, da nichts Falsches darin steht. Aber ein großer Wurf, liebe Koalition, ist das wirklich nicht. – Herzlichen Dank.“